Das "Gericht" Nackel

Die Ausgrabung

Die archäologische Forschungs- und Lehrgrabung am Nackeler „Gericht“ fand vom 7. bis 11. September 2020 in Zusammenarbeit mit der Humboldt-Universität zu Berlin statt, geleitet von der Richtstätten-Archäologin Dr. Marita Genesis. Mit ihr untersuchten und dokumentierten fünf Studentinnen und ein Historiker eine Woche lang eine Fläche von ca. 140 m². Befunde gab es nur für den Bereich direkt an der Kreuzung, also nahe dem ursprünglichen Verlauf der Straße, wie er sich noch aus den Alleebäumen ablesen lässt.

Die Ausgrabung wurde gefördert aus Mitteln der Kulturförderung des Landkreises Ostprignitz-Ruppin und von der Gemeinde Wusterhausen/Dosse.

Zwei Gruben und ein Pfahl

Im Ergebnis der Grabung wurden zwei Gruben und ein Pfahl-Loch festgestellt. Eine der möglichen Interpretationen der Befunde stellen wir hier vor. Beide Gruben waren leer. Dies könnte daran liegen, dass durch natürliche Zersetzung keine Spuren der beiden Körper verblieben sind oder auch, dass die Gräber nach relativ kurzer Zeit umgebettet wurden. Laut Dr. Marita Genesis gibt es andernorts Belege für solch pietätvolle Vorgehensweise, die ab 1747 sogar durch ein königliches Edikt legitimiert wurde.

Die größere der beiden Gruben könnte das Grab der Selbstmörderin gewesen sein, die kleinere das der Kindsmörderin. Da deren Leichnam längere Zeit zur Abschreckung auf dem Rad ausgestellt gewesen sein dürfte, wäre von ihren sterblichen Überresten z.B. durch Tierfraß und Witterung nur noch ein verwester Rest übrig gewesen. Dafür reichte die kleine Grube.

Das Loch ist für einen Pfahl groß genug, auf dem ein Rad aufgestellt wurde, für z.B. einen Wegweiser wäre der Umfang des Pfahls recht groß.

Das sogenannte Gericht in Nackel

Detail der Ausgrabung am "Gericht" - Hier könnte der Pfahl des Rades gestanden haben, auf den man die geköpfte flocht. Foto: Dr. Marita Genesis 

Fakten 

2020 konnte der Wahrheitsgehalt der Sage durch eine Ausgrabung überprüft werden. Die Richtstättenarchäologin Dr. Marita Genesis und ihre Studentinnen untersuchten die Fläche. Außerdem wurden Abschriften des Todesurteils und des Gutachtens (eine Art Verhörprotokoll) gefunden.

Obwohl die Fläche durch landwirtschaftliche Nutzung und Befahrung sehr verändert war, konnten Reste von zwei Gruben und einem Pfostenloch nachgewiesen werden. Die Lage am ehemaligen Verlauf der Heerstraße könnte so interpretiert werden, dass hier tatsächlich ein Rad auf einem mächtigen Pfosten aufgestellt war. Der Körper der Kindsmörderin Dorothee Mücke wäre zur Abschreckung einige Zeit auf dem Rad verwest, so dass nur noch wenig zu verscharren blieb in der kleineren der Gruben. Die größere könnte das Grab der Selbstmörderin Magret Sophie Wagner gewesen sein. Skelettteile wurden nicht gefunden. Es gibt zwei Vermutungen: Entweder sind die Spuren mit der Zeit zerstört worden oder die Nackeler haben die beiden Leichname schon damals auf den Dorffriedhof umgesetzt. Für andere Orte ist so etwas dokumentiert, warum also sollten die Nackeler 1740 nicht ebenso human gewesen sein.

Weiterführende Informationen

Grabungsbericht (folgt)

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