Die Stadtkirche ist das Wahrzeichen Wusterhausens
Die ältesten Teile stammen aus dem 13. Jh. Die Kirche wurde im 15. Jh. imposant erweitert, Das Chorgestühl und mittelalterliche Wand- und Deckenmalereien sowie prächtige Leuchter zeugen vom Wohlstand Wusterhausens in jener Zeit. Nach der Reformation 1541 wurde die Kirche neu ausgestattet. Aus der Zeit zwischen 1575 und 1620 sind die Kanzel, reiche Renaissance-Emporenmalereien, das Kastengestühl und mehrere Epitaphe erhalten. Die bedeutende Wagnerorgel entstand 1742, der barocke Altar 1762 und der Turm erhielt 1764 nach einem Brand sein charakteristisches Dach.
Von April-Oktober findet in der Kirche die Konzertreihe „Musiksommer“ statt.
Mittelalter
Außen:
Lage auf der höchsten Stelle des Stadt, auf oder neben dem dem slawischen Gräberfeld (vielleicht war hier auch ein slawisches Heiligtum?), Baubeginn mit Stadtgründung (bis 1250)
Ursprüngliche Basilika (Hallenkirche) im 15. Jh. erweitert zur gotischen Hallenkirche mit zwei Seitenschiffen, wie sie heute zu sehen ist, nach dem Anbau der Marienkapelle 1525 keine großem Umbauten mehr
Turm - Besonderheit sind die aufwändig gestalteten Portale, um 1300. Solche Portale befinden sich in der Regel im Kirchenschiff, nicht im Turm. Am Nordportal befinden sich Kapitelle mit Blattwerk, am Südportal Kelchkapitelle.
Auf der ältesten Stadtansicht (um 1720) zierte den Turm ein 8-eckiger Spitzhelm. Dieser Turm hatte eine Höhe von ca. 70 Metern. 1764 ist er durch Blitzschlag abgebrannt, die Glocken schmolzen, durchschlugen das Gewölbe. Das damals errichtete kleine „Notdach“ blieb bis heute.
Erst 1994 rekonstruierte man das Gewölbe der Turmhalle, der Fußboden wurde erneuert und die Verbindungstür zur Kirche, aus Glas, eingesetzt. Hier kann jetzt standesamtlich geheiratet werden.
In der Turmhalle: steinerne Epitaphe aufgestellt, die ursprünglich außen an der Kirche angebracht waren, um sie vor weiterer Verwitterung zu schützen
Innen:
mittelalterlicher Altar 1479 geweiht lt. Inschrift im Chor,
Es handelt sich um einen Hallenumgangschor, d.h. man konnte um den heiligsten Bereich der Kirche herumgehen (in der Prignitz und Ruppin nur noch in Pritzwalk und – nicht erhalten - in Neuruppin)
Drolerienmalereien an der Decke: Wappen der Grafen von Lindow oder des Markgrafen mit den Plothoschen Lilien, Ritter, zwei Kraniche bewachen ein Fabeltier mit zwei Gesichtern, mehrere maskenhafte Köpfe, Textfragmente – Entstehungszeit wahrscheinlich zeitgleich mit Bau des Chores, Bedeutung nicht geklärt, vergleichbare Fresken aus dieser Zeit z.B. in der Katharinenkirche in Brandenburg/Havel
Triumphkreuz ursprünglich über der Chorschranke, jetzt über dem Eingang zur Marienkapelle, Marienfigur und trauernder Johannes gehörten dazu
Im Chor: Mittelalterliches Chorgestühl, um 1430 entstanden, Armlehnen mit geschnitzten Gesichtern (original erhalten auf der Südseite), Seitenwangen mit Schnitzereien: Der Heilige Petrus mit dem Schlüssel und Buchbeutel in der Hand. Die Heilige Jungfrau Maria mit dem Jesuskind auf dem Arm. Der Heilige Stephanus mit Buchbeutel und 3 Steinen dargestellt (weil er gesteinigt wurde), der Heilige Bartholomäus, trägt als Attribut ein Messer in der Hand.
Lt. Visitationsbescheid 1544: Hauptaltar und 12 Nebenaltäre, dazu gehören wahrscheinlich die Wandmalereien/Fresken: an den Pfeilern – Enthauptung der Heiligen Barbara; Maria Magdalena mit der Salbendose, hinterm Altar: Anna Selbdritt
Die älteste Darstellung am Pfeiler zum Choraufgang ist nicht eindeutig einem Heiligen zuzuordnen
Marienkapelle 1525 erbaut, heute Winterkirche
Reformationszeit: Einführung 1541
Bedeutende Emporenmalerei um 1600: 21 Tafeln mit der Lebensgeschichte Christi, entstanden nach Vorlagen des Kupferstechers Hendrik Goltzius u.a.,
Verzierungen der Empore: Spätrenaissance (Rollwerk), ebenso die Kanzel 1610 vom Bildschnitzer Jürgen Fischer errichtet, der sich mit einem Selbstporträt am Kanzelaufgang verewigt hat, Bemalung der Kanzel von Moritz Mewes 1694 – Sponsorentafel an der Seite der Kanzel.
(Überlieferung: zu Pfingsten 1608 brach der Pfarrer mit der Vorgängerkanzel zusammen, weshalb die Kanzel erneuert wurde)
Der ursprüngliche Renaissancealtar mit Darstellungen von Luther und Melanchton wurde 1762 durch den barocken Altar ersetzt (Überlieferung aus Notzizen von Christoph Bekmann)
Kastengestühl und Beichtstuhl ebenfalls aus dem 16. Jh.
Renaissance-Epitaphe, u.a. des Mühlenbesitzers Paul Schütte 1575
Orgelempore mit Wappen der Wusterhausener Bürgermeister Andreas und Simon Schönermark von 1575, An der Seite der Orgelempore: Darstellungen der Evangelisten (ursprünglicher Standort unbekannt)
„Lübecker“ Leuchter aus Messing: waren um 1600 „modern“
Barocke Umbauten:
Die Orgel wurde 1742 von dem berühmten Berliner Orgelbaumeister Joachim Wagner unter Verwendung von Teilen der Vorgängerorgel geschaffen. Sie besitzt 30 Register, der Klangstil ist bis heute unverändert. Im Sommer finden Konzerte statt. Es gibt nur noch wenige weitgehend original erhaltene Wagnerorgeln.
Wikipedia: Die Orgel aus dem Jahre 1742 gehört zu den bis heute erhaltenen Orgeln des Berliner Orgelbauers Joachim Wagner (1690–1749), die in ihrem Pfeifenbestand in den vergangenen Jahrhunderten die wenigsten Veränderungen erfahren hat.
Altar 1769 von General Meinicke gespendet: Ein Werk des Malers Christian Bernhard Rode (1725-1797)
Dargestellt ist der ungläubige Thomas, er ließ sich von Christus die Nägelmale zeigen. Über dem Bild finden wir die Bestätigung „Ich bin´s selber." Die drei Engelsköpfe symbolisieren die Kardinaltugenden Glaube, Liebe, Hoffnung. Bekrönt wird der Altar durch die Strahlenglorie mit dem Auge Gottes, Gottvater, Sohn und Heiliger Geist. In Hebräisch finden wir das Wort Jahve – Gott.
Zur barocken Ausstattung gehört auch der Taufstein von 1712.
Neuzeit
Epitaph für den Landrat von Rohr: Das Grabmal ist eine Arbeit von Johann Georg Glume dem Älteren., 1736 für den Landrat von Rohr entstanden. Bis 1974 stand es in der Dorfkirche von Ganzer, Restaurierung und Umsetzung in die Wusterhausener Kirche im Jahr 2000
Der Bau der Wusterhausener Stadtpfarrkirche – Stiftungen für die Ewigkeit
Der unter einem Dach vereinigte stattliche Bau der Stadtkirche St. Peter und Paul erscheint von weitem wie aus einem Guss. Doch der vorhandene Bau ist erst das Ergebnis zahlreicher Stiftungen aus der Zeit, als Pilgerströme auf dem Weg nach Wilsnack auch durch Wusterhausen gelangten.
Die während der Sanierung zwischen 2010-2012 durchgeführten bauhistorischen Untersuchungen konnten die sukzessive und teilweise kompliziere Baugeschichte weitgehend aufklären.
Die Stadtpfarrkirche dürfte bereits im Zuge der Anlage der Stadt in der Mitte des 13. Jahrhunderts begonnen worden sein. Dafür sprechen nicht nur ihre prominente Lage auf der angerartigen Erweiterung der Hauptachse sondern auch noch vorhandene Baudetails. Denn die Kirche ist als vollständiger Feldsteinbau mit zugeschlagenen Granitquadern begonnen worden.
Von den ältesten Bauteilen der Kirche ist heute jedoch nur noch eine kleine Ecke erhalten. Diese befindet sich an der Nordfassade gleich rechts neben dem Eingangsportal in das Kirchenschiff. Der rechts neben dem Portal befindliche Strebepfeiler, der im unteren Bereich aus Feldsteinen besteht, wurde an die Kante eines ehemaligen Querschiffes angefügt. Der schräg geschlagene Feldstein eines Sockelgesimses, gegen den der Sockelvorsprung des Pfeilers stößt, gehört noch zu Gestaltung der östlichen Querhauswand. Dazu muss man sich eine Basilika mit niedrigen und schmalen Seitenschiffen vorstellen, wie sie auch für die Berliner Nikolaikirche ergraben und rekonstruiert werden konnte.
In Wusterhausen hat man jedoch noch im späten 13. Jahrhundert begonnen, die Seitenschiffe auf die Breite des Querhauses zu erweitern. Diese Bauarbeiten standen im Zusammenhang mit der Errichtung eines großangelegten Westbaus, dessen Turmhalle einschließlich der zu ihr führenden prächtigen gotischen Portale erhalten blieb.
Auch für das Wandmauerwerk dieser Bauphase verwendete man Feldsteine. Doch bestimmte Baudetail wie die Portalgewände oder die Spitzbögen der zu diesem Bau gehörigen Fenster hat man bereits in Backstein ausgeführt. Diese Fenster sind heute nicht mehr vorhanden und nur noch schwer zu erkennen, da sie bei späteren Bautätigkeiten vermauert worden sind.
Als bei der letzten Sanierung der nordwestliche Langhauspfeiler wegen seines schlechten baulichen Zustands größtenteils abgebrochen werden musste, trat dahinter ein vollständig erhaltenes Fenstergewände des späten 13. Jahrhunderts zu tage, das sogar noch seine originale Fugenmalerei besaß.
Der mächtige hallenartige Turmunterbau gab mit seinen zwei prächtigen Portalen viele Rätsel auf. Einig vermuteten sogar, dass er Teil einer in Stein ausgeführten Burg der Stadtgründer war. Also eines festen Hauses, das dem Ort vielleicht sogar seinen Namen gab. (das mit der Burg ist eher ein Kuriosum, nicht verwenden)
Teile einer Burg konnten in der Turmhalle nicht nachgewiesen werden, aber sie muss eine wichtige Bedeutung für die Stadt gehabt haben. Wahrscheinlich diente sie auch dem Gericht, dass die Landesherren in Wusterhausen bis 1325 ausübten. Der ambitionierte Westbau entstand offenbar zu jener Zeit, als die brandenburgischen Markgrafen die Herren der Stadt waren. Vielleicht geht auf sie auch das Einzugsmotiv der beiden Portale zurück, denn man konnte auf dem Weg von der einstigen Burg im Norden der Stadt durch sie hindurchziehen und auf den Markt gelangen.
Zudem sind die Portale aufwendig gestaltet. Das Nordportal besitzt sogar einen Kämpferfries mit Blattranken. Diese Motive wurden vor dem Brennen der Backsteine in den Tonrohling geschnitten.
Bereits um 1400 begann man die Kirche großzügig umzubauen. Dabei wurde das Schiff der ehemaligen Basilika zu einem dreijochigen Hallenlanghaus umgebaut, indem man die niedrigen Seitenschiffswände bis zu Traufe des ehemaligen Mittelschiffs erhöhte. Die an die Seitenschiffswände angefügten Strebepfeiler verraten, dass dieser Bau von vornherein eingewölbt werden sollte. Bei diesem Umbau verwendete man nun durchgängig das Baumaterial Backstein. Um 1407 erhielt das neue Kirchenschiff sein Dachwerk. Das wissen wir deshalb so genau, weil dieses Dachwerk noch vorhanden ist und einige seiner Hölzer dendrochronologisch datiert werden konnten. Bei der Dendrochronologie handelt es sich um eine Altersbestimmung des Holzes auf der Grundlage der jedes Jahr verschieden stark wachsenden Jahresringe der Baumstämme. In ihrer Abfolge ergeben sie ein unverwechselbares Muster, das sich in eine Standartkurve einpassen lässt und dadurch schließlich verrät, wann der Stamm gefällt worden ist. Da man Dachhölzer im frischen Zustand verbaute, ergibt sich aus ihrer Datierung zugleich ein annäherndes Baudatum. Damit sind solche erhaltenen mittelalterlichen Dachwerke nicht nur ein wertvoller Denkmalbestand sondern auch eine wichtige bauhistorische Quelle.
In Wusterhausen ist der Fall besonders interessant, da sich hier im Langhausgewölbe (östliches Mittelschiffsgewölbe an der Grenze zum Chor) noch eine mittelalterliche Inschrift mit der Jahreszahl 1422 erhalten hat. Sie befindet sich neben dem Wusterhausener Wappen (Adler und Lilie) sowie einigen merkwürdigen Tierdarstellungen und kennzeichnet offenbar den Zeitpunkt der Fertigstellung der Langhausgewölbe. Demnach musste man nach der Vollendung des Rohbaus und der bereits einsetzenden Nutzung des neuen Langhauses noch etwa 15 Jahre warten, bis man genug Geld gesammelt hatte, um hier die Gewölbe zu errichten.
Bald darauf begann man nun auch einen neuen Chor der Kirche zu errichten. Offenbar flossen die Spenden für die Wusterhausener Stadtkirche als wichtige Station auf dem Weg nach Wilsnack nun reichlicher. Ausgeführt wurde der Chorneubau nach dem Vorbild des gerade erst kurz zuvor vollendeten Chores der Nikolaikirche in Pritzwalk, ebenfalls einer wichtigen Wegstation für die Wilsnackpilger.
Der zeitgemäße Bautyp eines Hallenumgangschores bot nicht nur die Möglichkeit für Prozessionen, die um dem Hauptaltar herumführten, sondern die wohlhabenden Pritzwalker (+ Wusterhausener) Familien konnten hier ihre Altäre stiften und sich in unmittelbarer Nähe zum Hauptaltar bestatten lassen. Möglich wurde das, weil beim Bautyp des Hallenumgangschores die Verlängerung der Seitenschiffe um den Binnenchor mit dem Hauptaltar herumgeführt wird. Dieser Chorumgang steht im Gegensatz zum Binnenchor der ganz normalen Stadtbevölkerung für eine Nutzung zur Verfügung. Hier wurden wie im Langhaus mehre private Altäre gestiftet. Im Zuge der Neuorganisation der kirchlichen Einrichtungen nach der Reformation wurden in Wusterhausen 1544 insgesamt 12 solcher gestifteter Altarlehen verzeichnet. Der den Klerikern vorbehaltene Binnenchor wurde durch eine hölzerne Chorschranke vom Chorumgang abgetrennt. In Wusterhausen blieben große Teile eines spätgotischen Chorgestühls erhalten, die zugleich wesentlicher Bestandteil der ehemaligen Chorschranken waren. Deshalb passt das spätgotische Chorgestühl mit seinen geschnitzten Heiligendarstellungen auf den Wangen auch heute noch genau zwischen die Chorpfeiler.
Wann der Chorrohbau fertig war und einer Nutzung zur Verfügung stand, wissen wir wiederum vom erhaltenen mittelalterlichen Chordachwerk, dessen Hölzer im Winter 1443/1444 gefällt worden sind.
Auch hier vergingen noch einmal 30 Jahre, bevor der Chor seine Gewölbe erhielt. Denn eine mittelalterliche Inschrift an der nördlichen Chorinnenwand (erstes nördliches Wandfeld des Chorpolygons in Kämpferhöhe) teilt die Jahreszahl 1474 mit. Dazu passt, dass der Hochalter schließlich 1479 geweiht worden ist. Das erfahren wir von einem kleinen beschriebenen Pergamentstreifen, den man 1779 im Mauerwerk des Altarblocks fand. Dort stand auch, dass der Hochaltar und damit die ganze Kirche den Aposteln Petrus und Paulus geweiht war.
Eine bedeutende Stiftung muss schließlich die um 1485 an der südlichen Langhauswand angebaute Marienkapelle gewesen sein. Denn der der über einem niedrigen Feldsteinsockel vollständig in Backstein ausgeführte Bau orientiert sich mit seiner noblen Gestaltung an den zu dieser Zeit bereits vorhanden Ostteilen der Wallfahrtskirche in Wilsnack.
Einmal täglich mussten hier vier Priester ein Stundengebet am Marienaltar durchführen. Zudem gab wurden in dieser Kapelle noch zwei weitere Altäre gestiftet an denen die Messe zelebriert wurde. Diese Vielzahl bedeutender mittelalterlicher Stiftungen dürfte mit einer umfangreichen künstlerischen Ausstattung verbunden gewesen sein. Von dieser Ausstattung sind jedoch nur noch wenige Reste erhalten, so einige Wandmalereien und vor allem ein großes spätgotisches Triumphkreuz.
Mit dem Ausbleiben der Pilger und der zahlreichen Stifter fanden nach der Reformation kaum noch Veränderungen am Kirchenbau statt. Allein die Innenausstattung wandelt sich tiefgreifend. Neben einem neuen Altaraufbau, der Kanzel, einer neuen Taufe und einer beeindruckenden barocken Orgel erfolgte nun der Einbau einer umlaufenden Empore, die im 17. Jahrhundert eine Brüstung mit Malereien erhielt, die die Leidensgeschichte Christi darstellen.
Weiterführende Informationen
Link Wikipedia
Literatur Dirk Schumann: Die Stadtkirche St. Peter und Paul in Wusterhausen an der Dosse. Lukas-Verlag, Berlin 2019, ISBN 978-3-86732-156-3.
Siehe auch: Etappen Scharfrichtertour
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