Heiliggeist-Hospital (heute: Seniorenheim)

Das gotische Hospital und seine Nachfolgebauten

Vorgängerbau war das schon 1307 erwähnte Heilig-Geist-Hospital (bzw. St. Spiritus-Hospital). Es ist 1896 abgerissen worden und durch einen Neubau mit Staffelgiebel nach Vorbild des alten Heilig-Geist-Hospitals ersetzt. Der Neubau 1897 wurde durch einen Betrag von 105.000 Goldmark finanziert, den der 1815 in Wusterhausen geborene Kommerzienrat Borchert, Besitzer der Berliner Messingwerke, in seinem Testament der Stadt zum Wohle des Hospitals vermachte. Deshalb wurde die Wildberger Straße in Borchertstraße umbenannt. Eine Stiftung betrieb das Hospital, ab 1954 war es staatlich geführtes Feierabendheim, später Pflegeheim, heute Pflegeheim der Pro Seniorenpflege, Der neue Gebäudekomplex wurde 1997 errichtet und der Altbau seitdem modern ausgebaut.

Das mittelalterliche Gebäude stand weiter in die Straße hinein und war mit dem Wildberger Stadttor verbunden. Der Giebel war nicht wie heute auf die Straße, sondern nach Osten zur Stadtmauer gerichtet und evtl. Teil der Stadtmauer. Auf dem Hof des heutigen Pflegeheimes ist ein Rest der Stadtmauer mit Wehrturm erhalten geblieben.

Das Hospital war vielleicht ein Beginenhaus, hier lebten Frauen in festem Verband zusammen. Der Wunsch nach Religiosität und karitativem Einsatz standen im Vordergrund. Eine schriftliche Quelle hierzu gibt es aber nicht. Chronist Altrichter sagt nur „evtl.“, allerdings waren die Beginen in der Region weit verbreitet.

Visitationsbericht 1544: An das Hospital war auch das städtische Armenhaus angeschlossen. Die Kapelle wurde nach der Reformation nicht mehr gebraucht und zu Wohnzwecken umgebaut.
Chronist Karl Altrichter zeichnete die gotischen Wandmalereien, bevor das Gebäude abgerissen wurde.

Theodor Fontane berichtet in seinen „Wanderungen durch die Mark Brandenburg“ im Jahre 1873 auch über das Hospital. Bemerkenswert: Das Storchennest ist bereits auf den Fotos den alten Gebäudes zu sehen.

Es gab zwei heute nicht mehr vorhandene Hospitäler im Mittelalter (Standorte unbekannt): St. Gertrud vor dem Kyritzer Tor - Pilgerhospital, und St. Georg (Wanderer, Krankenpflege), das nach 1544 mit dem Heiliggeist-Hospital zusammengeführt wurde, Lage evtl. vor dem Wildberger Tor – St. Georg-Straße als Straßenname erinnert noch an das Hospital St. Georg. 

Text: Dirk Schumann:

Die ehemalige Heilig-Geist-Kapelle und die mittelalterlichen Hospitäler der Stadt Wusterhausen

An der vom Mark nach Osten in Richtung Neuruppin führen Straße, heute der Borchertstraße, lag noch innerhalb der Stadtmauer aber direkt am einstigen Tor das Heilig-Geist-Hospital.

Eine Lage des Hospitals in unmittelbarer Nähe eines Stadttores ist gar nicht so ungewöhnlich. Auch in Prenzlau und Berlin befanden sich die Heilig-Geist-Hospitäler an einer solchen Stelle. Heute steht in Wusterhausenan der Stelle des Hospitals ein Altenheim, dessen zur Straße gerichteter neogotischer Giebel entfernt an die mittelalterliche Heilig-Geist-Kapelle erinnert. Und war durchaus beabsichtigt, denn der Abbruch der mittelalterlichen Kapelle geschah 1896 unter der Auflage, dass der Kapellengiebel unter Verwendung des noch brauchbaren Baumaterial in ähnlicher Technik wiedererrichtet wird. In Wusterhausen ging man mit der Auflage relativ frei um, denn man drehte den Giebel zur Straße und führte ihn vollständig mit neunen Steinen auf. Allein das schon auf dem mittelalterlichen Giebel thronende Storchennest existiert noch heute. Der Auslöser für den Neubau war die noble Stiftung des in Wusterhausen gebürtigen Christof Borchert für das Heilig-Geist-Spital. Borchert - nach dem heute die ehemalige Wildenberger Straße benannt ist - war in Berlin reich geworden und Besitzer der dortigen Messingwerke. Er stiftete mehr als Hunderttausend Goldmark, was einen hohen Investitionsdruck auslöste.

Es sollte erst zehn Jahre später in Berlin gelingen, den Abbruch der mittelalterlichen Heilig-Geist-Kapelle zu verhindern und diese in den Neubau der dortigen Handelsschule einzubeziehen.

Fontane, der 1861 den Band zur Grafschaft Ruppin seiner Wandrungen durch die Mark Brandenburg veröffentlicht, hat die Wusterhausener Hospitalkapelle noch im Original gesehen. Sein Urteil fiel allerdings wenig milde aus:

„Das Gebäude präsentiert sich an seinen beiden Vorderfronten als ein kümmerlicher Bau aus dem vorigen Jahrhundert; nur etwas mehr nach der Vorstadt hin, … steht noch ein gotischer Giebel, ziemlich malerisch, mit Glockennische und Storchennest. Erst nachdem man eins der Fronthäuser, gleichviel welches, durchschritten hat, nimmt man wahr, daß man sich innerhalb einer klösterlichen Anlage befindet: ein Hof, nach drei Seiten hin von Häusern umstellt; die vierte Seite, das Quadrat abschließend, eine Kapelle.

Wie die drei Häuser, so ist auch die Kapelle bewohnt, die längst aufgehört hat, kirchlichen Verrichtungen zu dienen. Aus Altären wurden Feuerstellen, und statt des Weihrauchs zieht Torfqualm durch die Luft; gespaltenes Holz liegt hochaufgeschichtet in den Nischen, und wo sonst ein geschnitztes Christusbild zwischen den Pfeilern hing, ist jetzt ein Hängeboden gezogen, auf dem Kisten und Kasten, Urväter Hausrat, und die letzten Ausläufer alten Trödels stehn.“

Anders als das schon in der Reformation aufgelöste Hospital St. Gertrud und das später verschwundene Hospital St. Georg blieb das Heilig-Geist-Hospital als Einrichtung weiter bestehen. Es handelte sich nicht nur - wie andere Heilig-Geist-Spitäler - um die vornehmste städtische Hospitalstiftung, sondern auch um die älteste. Denn schon 1307 bestätigt der Rat die Stiftung des adligen Werner von Plänitz, der den Insassen ein ewiges Almosen zum Ankauf von Bier erteilt. Daraus lässt sich zweierlei ablesen. Zum einen ging man im Mittelalter davon aus, dass eine Stiftung ewig bestehen blieb. So stiftete man ein auskömmliches Kapital oder einen Grundbesitz von dessen Zinsen oder von dessen Einnahmen man regelmäßig eine Vergünstigung wie beispielsweise den Kauf von Bier vornahm. So rechnete man im Mittelalter nicht damit, dass das Geld an Wert verlieren könnte, was im Verlauf des Spätmittelalters immer wieder zu prekären Verhältnissen führte. Zum andern wird aus der Urkunde deutlich, dass das Hospital über einen festen Stamm von Insassen verfügte, die hier lebten und bis zu ihrem Lebensende versorgt wurden.

Bei Hospitälern handelt es sich um die ersten caritativen Einrichtungen, die sich der Versorgung von Armen oder auch Reisenden verschrieben hatten. Sie kümmerten sich um die Speisung, um Kleidung oder sogar um die Aufnahme von Bedürftige sowie die Pflege von Kranken. Ein ganz wichtiger Aspekt war die angemessen Bestattung der Toten, die sich ein Begräbnis nicht leisten konnten. Im Verlauf des Spätmittelalters entwickeln sich die Hospitäler immer mehr zu Einrichtungen mit einem festen Stamm an bedürftigen Insassen. Bals konnte man sich ganz wie heute sich zur Altersversorgen in eine solche Einrichtung einkaufen. Allerdings lebten die Insassen nach festen Regeln wie klosterähnliche Gemeinschaften miteinander, wozu auch mehrmals täglich einen Gottesdienst in der Hospitalkapelle gehörte. Gern nahm man wie bei einem Kloster 12 Insassen in Nachfolge der 12 Apostel oder je nach Vermögen und Ausstattung auch ein Vielfachs dieser Zahl auf. Unterhalten wurden die Hospitäler vor allem von den Stiftungen wohlhabender Bürger, die oft auch die Aufsicht über diese Einrichtungen führten. Nach der Reformation entwickelten sich die weiter bestehenden Hospitäler immer mehr zu Altersheimen. Und so ist diese Einrichtung in Wusterhausen auch heute noch eine Seniorenheim, das 1997 sogar noch um einen weiteren Neubau erweitert wurde

In Wusterhausen war der durch Beschreibungen, durch die Grundrisse Friedrich Adlers, durch verschiedene historische Fotos sowie nicht zuletzt durch jüngere archäologische Ausgrabungen bekannte mittelalterliche Kapellenbau ein in zwei Abschnitten errichteter längsrechteckiger Saalbau mit flacher Decke, der sogar eine spätgotische Ausmalung besaß. Den vor dem Abbruch angefertigten Zeichnungen des Ortschronisten Karl Altrichter zufolge handelt es sich um figurenreiche Szenen aus der Passion Christi, den erkennbaren stilistischen Details zufolge in das frühe 16. Jahrhundert gehörten.

Der erste Bau der Hospitalkapelle wurde im 13. Jahrhundert noch mit einigem Anstand zur Stadtmauer errichtet. Obwohl es mehrfach anders vermutet wurde, ist doch diese Annahme des ersten Erforschers der märkischen Backsteinarchitektur - Friederich Adler – plausibel. Die im Verlauf des 15. Jahrhunderts ausgeführte Verlängerung nach Osten dürfte zum einen durch die Vergrößerung der Zahl der Insassen bedingt gewesen sein. Zum anderen wurde die Verlängerung überhaupt erst möglich, als seit dem späten 14. Jahrhundert die Toranlagen märkischer Stadtbefestigungen um Zwingeranlagen, Vortore und zusätzliche Gräben bereichert wurden. Diese Entwicklung lässt sich auch für Wusterhausen annehmen, womit das Gelände direkt am Tor nun besser gesichert war und für eine innerstädtische Bebauung zur Verfügung stand. Wie es auch Fontane überlieferte, gehören zum Hospital auch noch die Wohnhäuser der Insassen, die auf drei Seiten einen rechteckigen Hof umbauten.

Im Mittelalter gab es noch zwei weiter Hospitäler, von denen man heute jedoch nicht einmal die Lage kennt. Sie befanden sich der Überlieferung des 16. Jahrhunderts zufolge vor den Mauern der Stadt. Entsprechend den Gepflogenheiten dürften sie an wichtigen mittelalterlichen Straßen gelegen haben. Mit Rücksicht auf das Heilig-Geist-Spital und die Kapelle St. Stefan dürften diese beiden Einrichtungen an den Straßen nach Kyritz und nach Havelberg gelegen haben. Entsprechend einer Aufgabenteilung versorgen diese Hospitäler stärker die reisenden und die Kranken. Für das Hospital St. Gertrud ist überliefert, dass es den nach Wilsnack reisenden Pilgern offen stand. Vielleicht auch aus diesem Grund wurde es im Zuge der Reformation 1541 geschlossen und seine Einkünfte dem Georgs-Hospital zugeschlagen, das sich vor allem der Aufnahme Kranker und Aussätziger verschrieben hatte.

Weiterführende Informationen

Ausstellung: Die kleine Glocke wird das Arme-Sünder-Glöcklein genannt, sie gehörte zum einstigen Heilig Geist Hospital und erklang, wenn jemand in Wusterhausen hingerichtet wurde.
Glocke, 1583, Bronze, Herkunft: Heilig-Geist-Kapelle, Wusterhausen
Die von einem Wittstocker Gießer hergestellte Glocke trägt die Inschrift:
WER GODT VORTRVET VAST VPEMBUET DEMWERTESNICH GERVEN (Wer Gott vertraut, fest auf ihn baut, dem wird es nicht gereuen.)
Die Glocke stammt aus dem 1896 abgebrochenen Heilig-Geist-Hospital, in dem Kranke betreut wurden und Pilger übernachten konnten.

Siehe auch: Etappen Scharfrichtertour

Stadtrundgang Karte Gesamtansicht

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