Der Gotische Torbogen

Der gotische Torbogen stammt aus dem 13.Jahrhundert, er wurde mit Steinen im Klosterformat errichtet. Er verläuft spitzbogig mit gestuftem Gewände. Eine Erklärung, warum der einzeln stehende Torbogen erhalten blieb und auf welchen Hof er führte gibt es nicht. Eine Erklärung: Er könnte Eingang zum Sitz der 1560 mit der Reformation aufgelösten Kalandbruderschaft gewesen sein.
Quelle: A. Perlt Pfarrhäuser Wusterhausen/Dosse

Die Stadt Wusterhausen war von der Reformation bis 1967 Zentrum eines Kirchenkreises. Hier befand sich die Superintendentur (Oberpfarre) als Verwaltungssitz. Es gab den Oberpfarrer, der als Superintendent den Kirchenkreis leitete, und den Archidiakon, der als 2. Pfarrer dem 1. zur Seite stand. Deshalb gab es auch zwei Pfarrhäuser, die beide nebeneinander liegen. Zwischen beiden Gebäuden befindet sich ein gotischer Torbogen, den Rest einer mittelalterlichen Klosteranlage. Außer den Pfarrhäusern gehört der Kirchengemeinde noch das 1907 erbaute Gemeindehaus „Kaland“ in der Straße Am Burgwall, der Name erinnert an die mittelalterliche Kalndbruderschaft.
Zum Pfarrsprengel gehören die Kirchengemeinden Gartow (seit 1541), Bantikow (seit 1967) sowie Brunn, Tramnitz und Schönberg (seit 1976).

Pfarrhaus I (Oberpfarre), St.-Petri-Straße 5

Über dieses Gebäude steht im „Dehio“ von 2000 zu lesen: „Langgestreckter zweigeschossiger Fachwerkbau, Ende 17. Jhdt., die Schwellenzone profiliert mit sichtbaren Balkenköpfen.“ Das denkmalgeschützte Haus gehört damit zu den ältesten Wohnhäusern der Stadt. Für die Instandhaltung bedeutet das besondere Sorgfalt bei der Beachtung entsprechender Auflagen. Generationen von Bewohnern haben ihre Spuren hinterlassen, weil es immer wieder erforderlich wurde, in und am Haus zu renovieren, reparieren, modernisieren und umzubauen – je nach Bedarf und Notwendigkeit. Ein krasses Beispiel für Bausünden ist der Ersatz der Fachwerk-Rückfront als massive Wand.
Die Geschichte des Hauses bzw. seiner Bewohner ist vielfältig und interessant. Über alle hier lebenden Amtsträger zu schreiben, würde den Rahmen dieses Beitrages sprengen. Deshalb nur einige Streiflichter. Johann Möllendorf amtierte ab 1531 als Pfarrer. Zehn Jahre später wurde in Wusterhausen die Reformation eingeführt. Möllendorf blieb im Amt und war dann bis zu seinem Tod 1552 der erste evangelische Pfarrer. Insgesamt sind es bis zum gegenwärtigen Pfarrstelleninhaber 24. Wenn die Altersangabe des „Dehio“ stimmt, wurde das jetzige Pfarrhaus in der Amtszeit des 9. Oberpfarrers Daniel Rhau (1693-1717) erbaut, nachdem die im Dreißigjährigen Krieg zerstörte und notdürftig wieder aufgebaute Stadt am 8.4.1679 erneut z.T. abgebrannt war. Das geräumige Haus diente dem Oberpfarrer als Wohnung. Der Oberpfarrer brauchte natürlich ein „Studierzimmer“ und als Superintendent auch Räume für Sitzungen und Konvente. Als der 18. Oberpfarrer, Superintendent Paul Fleischmann, 1933 in den Ruhestand trat, blieb die Oberpfarrstelle bis 1946 unbesetzt. Das Pfarrhaus diente unterschiedlichen Zwecken. Zeitweise hatte der Bürgermeister Räume mit Beschlag belegt. Ab 1945 war das Haus mit Flüchtlingsfamilien belegt. Demzufolge war es in einem völlig verwahrlosten Zustand und musste 1954, als mit Superintendent Karl Selke wieder eine Pfarrerfamilie einzog, gründlich renoviert werden und erhielt eine Wasserleitung. Erst als 1956 die letzte Flüchtlingsfamilie ausgezogen war, konnten wieder Dienst- und Versammlungsräume eingerichtet werden. Auch nach der Auflösung des Kirchenkreises 1967 blieb die Oberpfarre als Pfarrhaus I in Benutzung, nicht nur durch den Pfarrer, sondern auch durch Kantor und Katechetin. Der letzte Pfarrer, der im Pfarrhaus I wohnte (und den Neubau der Rückfont veranlasste), war von 1966 bis 1972 Horst Krahmer. Seitdem wurde im Haus Wohnraum vermietet, aber auch Dienst- und Versammlungsräume blieben in Nutzung. Bis 2011 bot das Pfarrhaus auch dem Museum Asyl, als das Gebäude Am Markt 3 restauriert wurde.
Jeden Dienstag Vormittag hat die Kaffeestube geöffnet.

Pfarrhaus II (Archidiakonat), St.-Petri-Straße 7

Die zweite Pfarrstelle bestand von 1541 bis 1999 und wird seitdem nicht mehr besetzt. Das Pfarrhaus II war Amtssitz des 2. Pfarrers („Archidiakon“). Es wurde, wie das Pfarrhaus I, Ende des 17./Anfang des 18. Jahrhunderts erbaut. Obwohl ebenfalls unter Denkmalschutz stehend, wurden auch an ihm im Laufe der Zeit häufig Reparatur- und Umbauarbeiten durchgeführt, die umfangreichsten 2003/04, als es Dienstsitz des amtierenden Pfarrers wurde. Diese umfassende Sanierung des Fachwerks und der Inneneinrichtung erfolgte mit Unterstützung durch das Städtebauförderungsprogramm des Landes Brandenburg. Außer den Wohnräumen enthält das Haus das Arbeitszimmer des Pfarrers, das Pfarrbüro sowie den Archivraum.

Gotischer Torbogen St.-Petri-Straße 5 - 7

In der Mitte zwischen beiden Pfarrhäusern befindet sich ein gotischer Torbogen aus dem 14. Jahrhundert, dessen Herkunft noch nicht geklärt ist. Auf dem großen Pfarrhof befanden sich historische Stallgebäude, 
die 2001 durch Brandstiftung zerstört und nur zum Teil neu aufgebaut wurden.

Ein geheimnisvoller Torbogen – stand hier das Haus des Kalands? (Text: Dirk Schumann)
Gegenüber der Kirche hat sich neben dem Pfarrhaus der evangelischen Kirchgemeinde in der St. Petri Straße 7 ein vollständig in Backstein gemauerter gotischer Torbogen erhalten.
Dieser (ohne Formsteine) dreifach gestufte Torbogen war auch ursprünglich für eine zweiflüglige Tür vorgesehen. Seine Bauweise mit Rüstlöchern und der Verwendung eines charakteristischen Mauerverbandes verrät seine mittelalterliche Entstehung. Der Zeitpunkt der Errichtung des Bogens lässt sich anhand verschiedener Baudetails weiter eingrenzen. So sprechen die Gewändestufung, der Bogenverlauf, die Quetschfalten der Backsteine und der Mauerverband (soweit noch mittelalterlich) mit einer Folge von zwei Läufern auf einen Binder für eine Entstehung im 14. oder frühen 15. Jahrhundert.
Dieses Bauwerk ähnelt verschiedenen anderen im Land Brandenburg erhaltenen mittelalterlichen Friedhofsportalen. Allerdings kann es sich hier nicht um das Portal zum ehemaligen Fried- oder Kirchhof gehandelt haben, denn dieser befand sich ehemals auf der anderen Straßenseite um die Kirche herum.
Nicht unwichtig ist dabei, dass der Torbogen nach Süden einen den Anschluss für eine ehemals in Backstein ausgeführte Mauer besitzt, während ein solcher auf der anderen Seite fehlt. Damit gehört das Tor offensichtlich zum heutigen Grundstück St. Petri Straße 5.
Das dortige Fachwerkhaus, von dem Teile in die Zeit vor dem Stadtbrand von 1758 zurückreichen, war das Wohn- und Amtshaus des Oberpfarrers und späteren Superintendenten (bis 1968).
In der Regel grenzten die zur Kirche gehörigen Häuser an den Kirchhof, wie die alte Schule, die offenbar schon vor der Reformation in einem schlechten Zustand war und deshalb nun verbessert werden sollte.
Auch die Wohnung mehrerer Geistlicher dürfte im Mittelalter hier zu suchen sein.
Doch offenbar gab es hier nach der Reformation keine geeignete Unterkunft mehr für den Pfarrer. Denn als 1541 eine landesherrliche Kommission nach Wusterhausen kommt, um die kirchlichen Verhältnisse nach der Reformation neu zu regeln, weisen sie das Haus des zuvor verstorbenen Priesters des Dreikönigsaltars dem Pfarrer als neues Wohnhaus aus.
Wie der Torbogen verrät, handelt es sich dabei um ein bedeutendes sowie offenbar auch großes Grundstück. Doch wie es in den Besitz der Ausstattung des Dreikönigsaltars gelangte, ist nicht überliefert.
Verschiedentlich trifft man auf die Vermutung, dass sich hier einst das Haus des Kalands befand. Hinweise gibt es dafür jedoch keine.
Zutreffend ist, dass der Kaland im kirchlichen Leben der Stadt Wusterhausen eine wichtige Rolle spielte, denn er führte die Aufsicht über gleich mehrere Nebenaltäre der Stadtpfarrkirche. Der Dreikönigs-Altar war jedoch nicht dabei.
Beim Kaland handelt es sich um eine religiöse Bruderschaft von Geistlichen, die jedoch auch Laien aufnahm. Sie widmete sich der Verrichtung wohltätiger Werke an Armen und Kranken und der Jenseitsfürsorge ihrer Mitglieder, was bedeutet, dass man Gottesdienste und Gebete für ihr ewiges Leben nach dem Tod abhielt. Als im Verlauf des 15. Jahrhunderts Geistliche in prekäre Beschäftigungsverhältnisse dazukamen, galt die Unterstützung auch ihnen. Denn oft reichten die für Altardienste gestifteten Gelder (Pfründe) gerade einmal für den Lebensunterhalt der jeweiligen Altarristen aus. Die Finanzierung eines angemessenen Begräbnisses war damit noch nicht gesichert.
Der Name Kalandsbruderschaft leitete sich wahrscheinlich vom lateinischen Wort „kalendae“ ab, was den ersten Tag des Monats bezeichnet. Denn die Mitglieder trafen sich in der Regel am ersten Tag des Monats zu Gebeten oder zur Beratung gemeinsamer Angelegenheiten.
Nicht selten erwarben die Kalandsbruderschaften für ihre Treffen und ihr gemeinschaftliches Wirken Häuser in den Städten. Dementsprechend kann es auch in Wusterhausen ein Haus der Kalandsbruderschaft gegeben haben. Doch als im Zuge der Reformation 1541 auch der ehemalige umfangreiche Besitz und die Einkünfte der Wusterhausener Kalandsbruderschaft zusammengetragen wurden, ist in dieser Auflistung kein Haus zu finden. Kurz zuvor hatte die Bruderschaft ihr gesamtes Einkommen dem Wusterhausener Rat für 1300 Gulden verkauft.
Doch auch wenn der mittelalterliche Torbogen nichts mit dem Wusterhausener Kaland zu tun gehabt hat, gehörte dieses Bauwerk zu einem einst stattlichen und bedeutenden Anwesen, bei dem es sicher noch das eine oder andere Geheimnis zu lüften gibt.

Stadtrundgang Karte Gesamtansicht

Stadtrundgang Karte Gesamtansicht

{"email":"E-Mail-Adresse ungu00fcltig","url":"Website-Adresse ungu00fcltig","required":"Pflichtfeld fehlt"}
DE
Success message!
Warning message!
Error message!